Industrie 4.0, selbstfahrende Autos oder Smart Home sähen ohne Edge Computing ganz schön schlecht aus. Denn das Internet of Things (IOT) erzeugt riesige Datenmengen. Durch die Edge wird die Datenverarbeitung in Echtzeit ohne Latenzzeiten angestrebt, also ohne Verzögerung. Die Verarbeitung großer Datenmengen erfolgt nahe an der Quelle.
Im vergangenen Jahr gewährte Microsoft allgemeinen Zugriff auf Azure IoT Edge. Seitdem setzen innovative Unternehmen wie die Bühler Group den Edge ein. Dies geschieht, gemäss Cedric Menzi, Lead Software architect IoT bei Bühler Group AG, um ihre Cloud-Workloads wie KI und maschinelles Lernen direkt auf IoT-enabled Geräten auszuführen.
Die Konsequenz: die Edge benötigt weniger Internetbandbreite, es erfolgt keine direkte Auslagerung der Daten in die Cloud.
Und genau hier setzt das IoT Edge Gateway von Microsoft an, das bei einem Roundtable-Gespräch im Au Premier im Zürich HB am 7. November 2019 vor einem interessierten Publikum aus Partner und Kunden von Microsoft und Codit Switzerland vorgestellt wurde.
Thorsten Korell, General Manager von Codit Schweiz, einem Microsoft-Integration-Service-Anbieter, hatte zu diesem Anlass ins Au Premier am Züricher HB eingeladen und Marcel Lattmann, Technical Direktor of Codit führte in die Thematik ein.
Michael Epprecht, ausgewiesener Experte bei Microsoft Schweiz für «Azure IoT Edge», stellte die bahnbrechenden Möglichkeiten dieser Anwendung vor, die auf Azure IoT Hub basiert. Cloudworkloads – künstliche Intelligenz, Azure- und Drittanbieterdienste oder die eigene Unternehmenslogik – können über Standardcontainern auf IoT-Geräten (IoT, Internet of Things, Internet der Dinge) bereitgestellt werden. Wenn bestimmte Workloads an den Rand eines Netzwerks migriert werden, müssen die Geräte weniger Zeit für die Kommunikation mit der Cloud aufwenden. So können sie schneller auf lokale Änderungen reagieren und funktionieren auch während längerer Zeiträume ohne Internetverbindung zuverlässig.
Die Intelligenz von Datenerfassungsgeräten und Sensoren ist erheblich gewachsen und dezentraler geworden. Die Verarbeitungselemente rücken dabei näher an den Sensor. Aber nicht nur die Messgeräte werden intelligenter. Auch intelligente Sensoren kommen auf, die das Sensorelement, die Signalkonditionierung, die Embedded-Verarbeitung und die digitale Schnittstelle (das Bussystem) in einem extrem kleinen Formfaktor bzw. System vereinen. Angesichts dieser Entwicklung liege bei vielen Szenarien nun der Schwerpunkt auf Intelligenz und Signalverarbeitung direkt am ‚Edge‘.
Eine stille Revolution findet hier statt. Das Pendel schlägt wieder zurück
Von Mainframes (zentral) über Client-Server Architekturen (dezentral) bis hin zum Cloud Computing (zentral) oszillierten die Paradigmen immer wieder zwischen diesen Polen. Nach dem durchschlagenden Erfolg des Cloud Computings bahnt sich nun eine Wende an.
Im Edge Computing wandern die Daten aus der Cloud wieder zunehmend in die Peripherie. Die Kehrtwende ist die logische Konsequenz aus neu entstehenden Geschäftsmodellen und deren technischen Anforderungen.
Technisch gesprochen bedeutet Edge Computing, die Datenverarbeitung und Berechnungen direkt am Ort des Entstehens durchzuführen, statt in der Cloud. Gemeint sind damit sogenannte Edge Devices.
Beispiele hierfür sind Sensoren, lokale Rechner oder auch Router. Die dezentrale Datenverarbeitung benötigt dabei keine permanente Netzwerkverbindung in die Cloud. Angesichts eklatanter Lücken in der Netzabdeckung ist das ein echter Vorteil. Auch in Puncto Sicherheit bietet das Edge-Computing Vorteile: Hacker- Angriffe von aussen auf eine Produktionsanlage können besser abgewehrt werden. Michael Epprecht weiss von Kunden, die gerne einen Schlüssel an ihrem Edge Gateway haben möchten, um das Internet zentral abschalten zu können bei einem Angriff, wobei dieser natürlich weiter arbeitet, wenn eine Verbindung nach Aussen zur Cloud nicht möglich ist. Das Edge ist die kleine Cloud im Unternehmen und arbeitet autonom und sicher weiter. Wenn die Lage wieder sicher ist, dann kann ohne Datenverlust wieder eine Verbindung zur Cloud hergestellt werden.
Maschinen in den Fabriken haben Laufzeiten bis zu 20 Jahren und sind mit Sensoren ausgestattet, die autonom arbeiten. Das ist eine Herausforderung für das Edge-Computing laut Mike Epprecht.
Generell ist Edge Computing eine Voraussetzung für viele IoT Use Cases und gerade da interessant, wo niedrige Latenzzeiten (=schnelle Antwortzeiten nahe Echtzeit) gefordert sind. Dennoch ist Edge Computing nicht als Ersatz für die Cloud gedacht, sondern als Ergänzung, wie die folgende Grafik des National Institute of Standards and Technology (NIST) zeigt.
Um zu verdeutlichen, wie gigantisch der Wandel sein wird, sehen wir uns ein Beispiel aus dem Internet der Dinge an: Das autonome Fahrzeug. Man geht hier bereits für das Jahr 2020 von einem Datenvolumen in Höhe von bis zu 50.000 Petabyte pro Tag aus. Das sind 50.000.000.000 Gigabyte. Bei Datenmengen solcher Dimension liegt auf der Hand, dass diese weder zeitlich noch wirtschaftlich sinnvoll in der Cloud verarbeitet werden können.
Ermöglicht wird die industrielle Transformation letztlich durch Cloud Computing und Edge Computing ist dabei ein unverzichtbarer Bestandteil des Konzepts.
Edge Computing ist gar kein neues Konzept, sondern eine Methode um mit verteilten Geräten, sogenannten Edge Controllern, große Datenmengen möglichst nahe an der Datenquelle zu erfassen, zu komprimieren, zu aggregieren und anschließend in umsetzbare Intelligenz zu transformieren.
Die Edge Controller befinden sich nicht in der Cloud, da erforderliche Eigenschaften wie Verfügbarkeit, große Bandbreiten sowie extrem kurze Responsezeiten in der Cloud nicht oder nur mit enormen finanziellen Aufwand realisiert werden könnten.Messmethoden, wie zum Beispiel Vibrationsmessungen, erzeugen große Datenmengen. Diese müssen entweder direkt im Sensor oder im Edge Controller – nah am Bearbeitungsprozess – erarbeitet und analysiert werden.
Mensch und Maschine werden durch die Prozessdatenerfassung und -speicherung stärker vereint. Lokal gewonnene Erkenntnisse können direkt in Form von Prozesseingriffen umgesetzt werden.
Industrial IoT erfordert eine Kommunikation zwischen Unternehmensebene (Enterprise) und Fertigungsebene (MES/MCS). Während die IT in der Regel für alle Geschäftsdaten, Kundendaten und geistiges Eigentum verantwortlich ist, ist die OT für den gesamten Fertigungsprozess zuständig.